Barock und Rokoko im Hirschberger Tal Stein- und Glasschnitt 1650 - 1780
Von Stefania Zelasko, Herausgegeben vom Glasmuseum Passau 2014
In der Zeit des Barock und Rokoko blühte die Kunst des Glasschnitts im Hirschberger Tal am Nordrand des Riesengebirges in Schlesien (heute Südpolen).
Nach seiner Rückkehr von einer 5-jährigen Bildungsreise durch Europa engagierte Graf Hans Ulrich von Schaffgotsch (1595-1635) den sehr erfahrenen Glashüttenmeister Wolf Preußler und begründete 1617 die Preußlerhütte in Weißbach, einem Ortsteil von Schreiberhau. Am Anfang waren auch Fachleute aus Italien als Stein- und Glasschleifer tätig.
Während des Dreißigjährigen Kriegs (1618 – 1648) wurde vor allem im höher gelegenen Oberschreiberhau gearbeitet. Die schwedischen Truppen erreichten Oberschreiberhau nicht.
Um 1680 verlagerte sich das Zentrum des Glas- und Steinschnitts in die tieferen Lagen des Hirschberger Tales nach Hermsdorf und später nach Warmbrunn. Zu den wichtigsten Persönlichkeiten der Glasschneidekunst dieser Zeit gehören Christian Gottfried Schneider und Friedrich Winter (1672-1708)
Hauptabnehmer der Glaserzeugnisse waren die europäischen Adelshäuser, aber auch die zu dieser Zeit sehr vermögenden Hirschberger Kaufleute. Die Hirschberger ‚Schleierherren‘ waren kaiserlich privilgierte Kaufleute, die den Weltmarkt mit besonders hochwertigen Leinenprodukten versorgten und unermesslichen Reichtum anhäuften, zahlreiche Schlösser u. a. im Hirschberger Tal besaßen und lange, geschäftsgebundene Reisen durch Europa unternahmen. Diese Kaufleute vergaben zahlreiche Aufträge an die besten Glasschneider vor Ort. Entsprechend finden sich auf den Barockgläsern neben Wappen, floralen und allegorischen Themen auch viele Kaufmannsmotive wie Schiffe, Fuhrwerke und sogar detailliert dargestellte Webereien. Weitere Statussymbole des damaligen Geldadels waren Orangerien, Springbrunnen und Theater.
Ohne die jahrelangen, intensiven Forschungsarbeiten von Frau Dr. Zelasko in den Archiven und Kirchenbüchern wäre dieses Buch nicht möglich gewesen. Die Namen vieler berühmter Glasschneider und ganzer Generationen von Kunsthandwerkerfamilien können so vor dem Vergessen bewahrt werden.
Die von der Autorin entdeckten Rechnungsbücher der Grafen von Schaffgotsch von 1651 und 1654 sind eine unschätzbare Quelle für die Glasforschung. Die Rechnungsbücher zeugen vom hohen Niveau der Glasschneidekunst und belegen namentlich die Existenz und Tätigkeit zahlreicher Glas- und Steinschneider im Hirschberger Tal.
Hier finden sich auch die Preise der einzelnen Glasobjekte, die im Auftrag und auf Bestellung der Grafen veredelt wurden.
Das Buch hat 370 Seiten und beinhaltet neben der Einführung einen umfangreichen Katalog mit über 350 Abbildungen, darunter Glasobjekte und Papiermusterabdrucke aus der Werkstatt von Schneider, sowie einen Anhang mit Urkunden und einer tabellarischen Zusammenstellung der Glasschneider. 127 Glasschneider in Warmbrunn, 13 in Hermsdorf, sowie 4 Goldschmiede in Warmbrunn konnten nachgewiesen werden.
Besonders anschaulich sind die aus mehreren Bildern zusammengesetzten Rundumaufnahmen der gravierten Pokale, wodurch eine bessere Analyse der Dekore und der Veredlungstechnik ermöglicht wird.
Mit diesem Buch stehen der Glasforschung kostbare Quellen zum Stand der allgemeinen Glastechnologie, Glasherstellung sowie Glasveredelung in 17. und 18. Jh. zur Verfügung.
Das Buch ist schon jetzt bei seiner Veröffentlichung ein Klassiker zur Kunst des Glasschnitts im Hirschberger Tal zur Zeit des Barock.
Die Publikation und die Ausstellung bestätigen die führende Rolle des Hirschberger Tals als Zentrum der damaligen Glasherstellung und des Glas- und Steinschnitts.